Das Folgen einer bemalten Grünen Linie, die sich kurvenreich über Bürgersteige und Plätze schlängelt, ist für die Einwohner und Besucher von Nantes zu einem beliebten Ritual geworden: Sie folgen dieser markierten Route, um die vielfältigen Kunstwerke und Installationen zu entdecken, die in die städtische Umgebung integriert sind. Entlang dieser Linie begegnen einem sowohl permanente Werke als auch temporäre Installationen, die zum Lächeln und Nachdenken anregen – und neue Perspektiven auf die Stadt eröffnen.

Man kann direkt am «Place du Bouffay» starten, wo die Bronzestatue «Éloge du pas de côté» des Künstlers Philippe Ramette steht. Sie zeigt einen Mann im Anzug, der mit einem Fuss auf dem Sockel und mit dem anderen in der Luft steht, während er in die Ferne blickt. Diese Skulptur symbolisiert die spielerische und visionäre Natur von Nantes – eine Stadt, die den Mut hat, immer wieder neue Wege einzuschlagen. Im «Parc Cours Cambronne», umgeben von eleganten Fassaden aus dem 19. Jahrhundert, kann man eine Bronzestatue des Künstlers Philippe Ramette mit dem Titel «Èloge de la trangression» bewundern; die Statue stellt ein Mädchen dar, das versucht, vom Sockel zu entkommen – Poesie in ihrer reinsten Form.

Weiter entlang der Grünen Linie findet man die «Passage Bouchard», ein versteckter Durchgang, in dem der Künstler Evor mit seiner Installation «Jungle intérieure» einen überdimensionierten hängenden Garten geschaffen hat. Hier verwandeln üppige Pflanzen den Innenhof in eine surreale, fast magische Landschaft, die zum Träumen einlädt.

Nicht weit entfernt, in der «Rue du Puitsd’Argent», wartet eine weitere Besonderheit: «Micr’home» von Myrtille Drouet, eine schmale dreistöckige Struktur, die hoch über der Gasse schwebt und als winziges Hotel dient. Dieses Kunstwerk ist eine Hommage an die Zugvögel und symbolisiert das ständige Kommen und Gehen, das auch die Dynamik von Nantes widerspiegelt. Diese Kunstinstallationen sind nur einige Beispiele der Werke, die im Rahmen des Kulturfestivals «Le Voyage à Nantes» entstehen, bei dem sich die Stadt jeden Sommer auf besondere Weise selbst zelebriert.

Ebenso skurril wie staunenswert: Die «Schlange des Ozeans» von Huang Yong Ping. © Alberto Fabbris

Kunst, Kultur und Gastronomie

Die «Grüne Linie» führt an vielen weiteren kulturellen Höhepunkten der Stadt vorbei. Der Talensac-Markt, einer der lebhaftesten Märkte von Nantes, ist ein Beispiel dafür, wie Kunst und Alltagsleben verschmelzen. Hier haben die Eingangsschilder «Automates à l’unisson» des Künstlers Gavin Pryke einen besonderen Platz und fügen dem geschäftigen Markttreiben eine künstlerische Note hinzu. Auch die kulinarische Seite von Nantes kommt nicht zu kurz: Entlang der Route gibt es zahlreiche erstklassige Restaurants, darunter vom Guide Michelin prämierte Gasthäuser, die lokale und internationale Spezialitäten anbieten. Ein architektonisches Juwel, das auf der Tour nicht fehlen darf, ist die «Passage Pommeraye». Diese elegante Einkaufspassage im Graslin-Viertel mit Boutiquen und Belle-Époque-Dekorationen versetzt Besuchende in eine andere Zeit. Ebenfalls beeindruckend ist die alte LU-Fabrik, heute das Kunstzentrum «Lieu Unique», ein Ort für zeitgenössische Kunst, kulturelle Begegnungen und kreativen Austausch. Diese Kombination aus historischer Architektur und moderner Nutzung ist ein Markenzeichen von Nantes.

Ein weiteres Highlight entlang der Grünen Linie ist der «Jardin des Plantes», ein botanischer Garten, der mit den leuchtenden Farben der Kunstwerke von Pedro und Johan Le Guillerm belebt wird. Nicht weit entfernt befindet sich das «Musée d’Arts de Nantes», das sowohl klassische als auch zeitgenössische Kunst zeigt und mit elegantem Museumscafé zu einer Pause einlädt.

Île de Nantes – Symbol des Wandels

Die Île de Nantes, eine weitläufige Flussinsel in der Loire, steht als Symbol für den tiefgreifenden kulturellen Wandel der Stadt. Nach der Schliessung der Werften in den 1980er-Jahren setzte Nantes auf eine postindustrielle Neuausrichtung, die stark auf Kultur und Kunst fokussierte. Heute ist der «Parc des Chantiers» auf der Insel ein pulsierendes Zentrum für Kreativität und Kultur. Hier befindet sich «Les Machines de l’île», eine fantasievolle Welt mechanischer Kreaturen, inspiriert von den Werken Jules Vernes. Der beeindruckende mechanische Elefant, auf dem Besuchende reiten können, lädt zu einer magischen Reise in eine imaginäre Welt ein.

Poesie in purster Form: Die Bronzestatue des Künstlers Philippe Ramette. © Alberto Fabbris

Kunst entlang der Loire

Ein weiteres beeindruckendes Kunstprojekt ist «Estuaire Nantes – Saint-Nazaire», eine 60 Kilometer lange Kunstgalerie entlang der Loire. Auf dieser Strecke können Interessierte mehr als 30 Kunstwerke entdecken, entweder mit dem Fahrrad, per Auto oder vom Boot aus. Zu den bekanntesten Installationen gehört «La Maison dans la Loire» von Jean-Luc Courcoult – ein Haus, das scheinbar im Fluss versinkt. Bei Sonnenaufgang, wenn das Haus aus dem Nebel auftaucht, entsteht eine magische Atmosphäre.

Ein weiteres Werk entlang der Strecke ist «Serpent d’Océan» von Huang Yong Ping: Die riesige Skulptur eines Meeresschlangenskeletts, das sich am Strand von Saint-Brevin- Les-Pins erhebt. Diese monumentale Installation markiert den Punkt, an dem die Loire in den Ozean mündet, und ist eines der beeindruckendsten Kunstwerke der Region.

Die Reise endet in Saint-Nazaire, wo man weitere Kunstwerke, darunter «Suite de triangles» von Felice Varini, bewundert. Dieses Werk erstreckt sich über die Dächer der Stadt und erzeugt eine optische Täuschung, die nur aus einem bestimmten Blickwinkel zu erkennen ist.

Ausserdem kann man in Saint-Nazaire den kolossalen, bedrohlich wirkenden Bunker für U-Boote besichtigen und auf das Dach steigen, um das Kunstwerk von Gilles Clément «Le Jardin du Tiers-Paysage» zu bewundern – ein hängender Garten voller Bedeutung, der aus den Spalten des Bunkers herauszuwachsen scheint und den Willen zur Regeneration symbolisiert, der Nantes mit Saint-Nazaire verbindet.

Die Grüne Linie in Nantes ist mehr als nur ein Weg durch die Stadt – sie ist eine kulturelle Reise, die Kunst und das urbane Leben auf einzigartige Weise verbindet. Historische Monumente, moderne Architektur und zeitgenössische Kunst verschmelzen hier zu einem harmonischen Ganzen. Mit ihrer kreativen Energie und ständigen Weiterentwicklung ist Nantes zweifellos eine der aufregendsten Städte Frankreichs.

Pass Nantes

Die Anreise nach Nantes ist unkompliziert. Vom Flughafen aus gibt es neben Taxis auch einen direkten Bus in das Zentrum, und der TGV-Bahnhof befindet sich direkt im Herzen der Stadt, dieser wird von Strassenbahnen und Bussen bedient. Das moderne Nantes hat viel zu bieten, und ein Wochenendaufenthalt könnte knapp sein, auch wenn viele Sehenswürdigkeiten zu Fuss in kurzer Zeit erreichbar sind. Der «Pass Nantes» ist je nach Wahl für einen Tag bis zu sieben Tage gültig und gilt für alle Verkehrsmittel der Stadt: Strassenbahnen, Busse, Fahrräder und Fähren können frei genutzt werden. Ausserdem bietet der Pass zahlreiche Vergünstigungen in verschiedenen Geschäften, Museen sowie an Mietstationen für Boote. Der «Pass Nantes» ist online erhältlich:

www.levoyageanantes.fr