Sanremo ist heute für sein Musikfestival im Februar berühmt, dessen Siegerin oder Sieger Italien am European Song Contest vertritt, im nächsten Jahr in Basel. Früher war Sanremo an der italienischen Riviera in Grossbritannien und Skandinavien für sein mildes Klima im Winter bekannt. Davon zeugen heute noch die prächtigen Grandhotels in englischem Stil.

Da Alfred Nobel zunehmend an Herzproblemen litt, kaufte er sich 1891 in Sanremo eine Villa, um zur Ruhe zu kommen. Denn in den Jahren zuvor hatte er an verschiedenen Orten in Europa gelebt, darunter Paris, was seinen gesundheitlichen Problemen nicht dienlich war. Zeitweise war er dort sogar im Gefängnis mit der Anschuldigung, ein Spion zu sein. Und 1888 schrieb ein französischer Journalist fälschlicherweise: «Der Händler des Todes ist tot», was Nobel tief entsetzte. Die Zeitung hatte ihn mit seinem Bruder Ludvig verwechselt.

355 Patente als Geldmaschine

Alfred Nobel kam durch seine zahlreichen Erfindungen, Patente und unternehmerischen Tätigkeiten zu einem beträchtlichen Vermögen. Schon Nobels Vater war als Rüstungsunternehmer ein wohlhabender Mann geworden, unter anderem durch die Produktion von Seeminen, die das Russische Reich im Krimkrieg einsetzte. Alfred Nobel hielt insgesamt 355 Patente auf verschiedene chemische Prozesse und Sprengstoffe. Der bedeutendste Teil seines Reichtums stammte aber aus der Erfindung des Dynamits 1867. Er entwickelte es als eine sicherere Alternative zu Nitroglycerin, das zuvor als sehr instabil galt. Dynamit konnte hingegen leichter transportiert und kontrollierter eingesetzt werden, was es für den Bau von Strassen, Eisenbahnen, Tunneln und anderen Bauprojekten äusserst wertvoll machte – aber auch für militärische Einsätze. Nobel gründete in der Folge Dynamitfabriken in Europa und den USA, die sehr profitabel waren, weil die Nachfrage nach Sprengstoffen für den industriellen und militärischen Einsatz ständig wuchs.

Besonders ertragreich war die Bofors-Fabrik, ein schwedisches Waffen- und Stahlwerk, das er 1994 erwarb. Nobel verband mit der Rüstungsproduktion die Hoffnung, dass die Armeen eines Tages vom Krieg Abstand nehmen würden, sobald die abschreckende Wirkung ihrer Waffenarsenale gross genug geworden sei. Die Gewinne aus dem Waffengeschäft legte er in Beteiligungen in verschiedenen Branchen an, um die Risiken zu diversifizieren.

Als er 1896 starb, hinterliess er ein gigantisches Vermögen, das auf etwa 31 Millionen Schwedische Kronen geschätzt wurde. Nach heutiger Kaufkraft entspräche dies mehreren Hundert Millionen Euro. Sein Testament sah vor, dass der grösste Teil dieses Vermögens in einen Fonds eingezahlt und die Zinsen daraus jährlich als Preisgelder an herausragende Persönlichkeiten in den Bereichen Physik, Chemie, Medizin, Literatur und für den Frieden vergeben werden sollten. Im Jahr 2023 war jeder Nobelpreis mit elf Millionen Schwedischen Kronen (um 918’000 Franken) dotiert. Der Nobelpreis-Fonds, der von der Nobelstiftung verwaltet wird, hat heute ein Vermögen von etwa 480 Millionen Franken. Dieses Vermögen ist angelegt, um die jährlichen Nobelpreisvergaben zu finanzieren, einschliesslich der Verwaltungskosten und der Pflege des Ansehens des Nobelpreises. Diese Verfügung traf Nobel in seinem Testament am 27. November 1895, das er in Paris im Schwedisch-Norwegischen Klub ohne Anwalt verfasste, ohne seine Verwandten oder engen Mitarbeiter darüber zu informieren.

Es sorgte nach seinem Tod am 10. Dezember 1896 in Sanremo für eine entsprechend grosse Überraschung – vor allem bei seinen Angehörigen. Denn 94 Prozent des Gesamtvermögens waren für die Stiftung bestimmt. Die Verwirklichung des Nobelpreises führte zu erheblichen juristischen Herausforderungen, da nicht nur seine Verwandten gegen sein Testament vorgingen.

Zurückgezogen ohne Prunk

Das Schlafzimmer in der Villa Nobel, wo Alfred Nobel starb, dokumentiert, dass er eine gewisse Bescheidenheit schätzte. Seine Villa, die heute als Museum zugänglich ist, verfügte früher über einen herrlichen Park bis ans Meeresufer. Jetzt liegt dort ein Jachthafen und der verkleinerte Park kann für Events gemietet werden. In Sanremo lebte Nobel relativ zurückgezogen und verbrachte viel Zeit mit Nachdenken. Während seines Aufenthalts verfasste er zahlreiche Briefe mit Gedanken über Frieden, Wissenschaft und die Menschheit. Eine entscheidende Rolle spielte dabei Bertha von Suttner, die in Wien eine Woche lang seine Privatsekretärin war. Später unterhielt die Pazifistin und Friedensforscherin einen intensiven Briefwechsel mit Nobel in Sanremo. Er hielt es aber für aussichtsreicher, auf Regierungen einzuwirken, statt wie die Friedensbewegung die öffentliche Meinung zu mobilisieren. Bertha von Suttner wurde 1905 als erste Frau mit dem seit 1901 vergebenen Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Nobel pflegte auch Kontakte zu einigen der Intellektuellen und Künstler seiner Zeit, die ihn stark inspirierten. In seinem letzten Lebensjahr verfasste er mit 62 Jahren das Theaterstück Nemesis, eine Tragödie in vier Akten über Beatrice Cenci. Die 1577 geborene römische Patrizierin erlangte Bekanntheit, weil sie im Alter von 22 Jahren hingerichtet wurde, da sie die Ermordung ihres Vater Francesco Cenci angestiftet haben soll. Das Burch wurde gedruckt, als Nobel im Sterben lag, und nach seinem Tod bis auf drei Exemplare vernichtet. Es galt als zu skandalös und blasphemisch.

Nobels Asche wurde in einem kleinen Mausoleum auf dem Gelände der Villa Nobel in Sanremo beigesetzt. Dort wird Besuchern gut nachvollziehbar, dass sein Leben in Sanremo vom Streben nach innerem Frieden und dem Wunsch, ein bleibendes Erbe zu hinterlassen, geprägt war.