Nördlich der Schweizer Grenze beginnt eine Region, die etwas Magisches umgibt, etwas Geheimnisvolles und Märchenhaftes – der Schwarzwald. Ein faszinierendes Mosaik aus wildem, unzugänglichem Gebirge, dunklen Wäldern und jahrhundertalten Höfen aus knorrigem Holz, finster, unergründlich und mystisch, ein Ort, wo man die Naturkräfte zu spüren glaubt. Bis heute hat der Schwarzwald nichts von dieser Anziehungskraft verloren. Doch das ist nur eine Seite. Denn auch das ist der Schwarzwald: Ein Naturparadies, das zu Entschleunigung und Wellness einlädt, ein Idyll, wo man hervorragend wandern, biken, baden und sogar Golf spielen kann. Städte wie Freiburg im Breisgau oder Donaueschingen locken mit einem riesigen Angebot an Kultur, Kunst und Geschichte, und über allem steht eine enorme kulinarische Vielfalt, die von der berühmten Schwarzwälder Kirschtorte über den nicht weniger ikonischen Schinken bis hin zu Gourmetrestaurants der Spitzenklasse reicht.

Traumlandschaften und Delikatessen

Es gibt diese Klischeevorstellung des Schwarzwalds als Heimat der Kuckucksuhren, des geräucherten Schinkens und der legendären Kirschtorte. Dieser Schwarzwald existiert tatsächlich! Im sogenannten Hochschwarzwald findet man sie, diese Welt aus tiefdunklen Wäldern, kristallklaren Seen und stolzen Gipfeln. Hier, wo der Schwarzwald seine ungezähmte und zugleich verträumte Seite zeigt, ragt der Feldberg wie ein uralter Wächter in den Himmel. Mit seinen 1493 Metern ist er nicht nur der höchste Gipfel des deutschen Mittelgebirges, sondern auch das Herzstück eines Naturreiches, das zum Entdecken einlädt. In seinem Schatten ruhen wahre Juwelen: der Titisee mit seinem glasklaren Wasser und der weite Schluchsee, in dem sich die Baumwipfel spiegeln. Die Wutachschlucht durchschneidet das Land mit wilder Kraft – ein Naturmonument aus schroffen Felsen, rauschenden Wassern und üppigem Grün. Über 2000 Kilometer Wanderwege schlängeln sich durch dieses Terrain, vorbei an tosenden Wasserfällen, mystischen Hochmooren und blühenden Bergwiesen, die mit jeder Biegung neue Ausblicke freigeben. Nicht nur die Natur, auch die Kultur dieser Region erzählt Geschichten. In St. Blasien erhebt sich der imposante Dom mit einer der grössten Kuppeln Europas, ein Meisterwerk der Baukunst. In St. Peter bezaubern die barocke Kirche und die zarte Pracht der Rokoko-Bibliothek, während man im Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen die Zeit selbst erkunden kann. Doch nichts spricht so sehr die Sinne an wie die kulinarischen Genüsse des Hochschwarzwaldes. Hier schlägt das Herz der Kuckucksuhr, hier liegt der betörende Duft von Schwarzwälder Schinken und Kirschwasser in der Luft. Trotz aller Ursprünglichkeit ist der Hochschwarzwald eine uralte Kulturlandschaft, geformt von Generationen von Bauern, deren Arbeit die Natur pflegt und erhält. Johannes Till ist einer davon, setzt diese Tradition fort – und bringt frischen Wind auf den Hof Till. Seitdem Johannes den Demeter-Hof im kleinen Dorf Äule von seinen Eltern übernommen hat, prägt er ihn mit neuen Ideen und seiner Leidenschaft für nachhaltige Landwirtschaft. Die Thüringer Waldziegen und Hinterwälder Kühe, die auf den saftigen Weiden grasen, sind für ihn weit mehr als nur Nutztiere. «Ohne sie würde diese Landschaft verbuschen», erklärt er. Damit sei die Haltung von Rindern und Ziegen im Hochschwarzwald unverzichtbar. Ein landwirtschaftlicher Betrieb funktioniert im Einklang mit der Natur, und Johannes setzt auf eine Kreislaufwirtschaft, die genau diesen Grundsatz lebt. Die Tiere erhalten ihr Futter vom eigenen Hof, der Mist der Kühe dient als natürlicher Dünger für die Wiesen, und die Milch wird direkt vor Ort verarbeitet. Selbst Nebenprodukte wie Molke finden eine sinnvolle Verwendung – die wenigen Schweine, die auf dem Hof gehalten werden, verwerten sie weiter. «Nichts geht verloren, alles hat seinen Platz», betont Johannes. Während die Mutterkühe mit ihren Kälbern den Sommer auf der Weide verbringen, erkunden die Ziegen die steilen Hänge und suchen nach den besten Kräutern. «Unsere Milchziegen klettern bis in die Baumkronen, wenn sie können. Das schmeckt man später im Käse», erzählt Johannes mit einem Lächeln. In der Hofkäserei entsteht aus der hochwertigen Ziegen- und Kuhmilch feiner Hartkäse und cremiger Frischkäse. Der Hofladen bietet neben Käse auch Wurst- und Schinkenspezialitäten an. Doch Schweine, die für den berühmten Schwarzwälder Schinken gehalten werden könnten, sucht man hier fast vergeblich. «Ganz ketzerisch gesagt: Der echte Schwarzwälder Schinken ist eigentlich Rinderschinken oder Ziegenschinken!», lacht Johannes – und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Mit Johannes Till bleibt der Hof nicht nur ein bewahrtes Stück Schwarzwald, sondern entwickelt sich weiter – mit Respekt vor der Tradition und Offenheit für neue Wege.

Johannes Dilger, Patisseriekünstler im «Förster Max». © FWTM / Schoenen

Ein Maximum an Geschmack

Genau dieser Philosophie hat man sich auch in der «Mühle Schluchsee» verschrieben. Abseits des Alltagstrubels gelegen, ist sie ein wunderbares Refugium für Erholungssuchende. Das historische Landhaus aus dem Jahr 1603 verbindet Schwarzwälder Geschichte mit zeitgemässem Komfort und lädt dazu ein, die Seele baumeln zu lassen. In der Küche steht Qualität an erster Stelle. Regionale Produkte werden mit französischem Handwerk und modernen Einflüssen kombiniert. Verantwortlich dafür sind Niclas Nussbaumer und Lea Rupp. Der aus Karlsruhe stammende Küchenchef bringt gerne auch Einflüsse aus der japanischen Küche in seine Kreationen ein, während Lea Rupp als Chef de Service mit herzlicher Gastfreundschaft für das Wohl der Gäste sorgt. Gleich beim Betreten des rustikalen, aber stilvoll modernisierten Gastraums passiert man gläserne Reifeschränke mit französischer Salzbutter, bestem Wagyu, Trüffel und Schwarzfederhühnern aus dem Hause Miéral, und weiss sofort: Hier dreht sich alles um ein Maximum an Geschmack. Gleich der erste Gang ist eine Ansage – eine rohe Langoustine aus Norwegen, nur leicht gebeizt, auf Crème fraîche, Meeresalgen und Sellerie, gekrönt von einer Nocke Kaviar und allem umgossen mit einer Jalapeño-Vinaigrette: ein fantastischer Kontrast von zarter Süsse, salzigem Umami, üppiger Cremigkeit und einer prägnanten, leicht scharfen, frischen Säure. Aber Niclas Nussbaumer kann auch regional: Das sanft gegarte Filet von der Lachsforelle mit Spitzkohl und einer opulenten Sauce im Beurre-blanc-Stil, gekonnt verfeinert mit Perlzwiebeln und Forellenrogen bleibt in allerbester Erinnerung; genauso wie der Hauptgang, gebratene Brust vom gereiften Schwarzfederhuhn, flankiert von einer knusprig gebackenen Praline aus der confierten Keule, klassisch verfeinert mit einem Sherry-Schaum.

Martin Fauster ist Küchenchef in der «Wolfshöhle» Freiburg. © Nicolas Bollinger

Südländisches Flair in Freiburg

Die ersten Sonnenstrahlen tauchen das Kopfsteinpflaster in goldenes Licht. Ein milder Morgenwind streicht durch die Altstadt, wo sich bereits Ende Februar eine verhaltene erste Wärme ausbreitet. Schon sitzen die ersten Gäste draussen, noch in ihre Jacken gehüllt, und nippen an ihrem Espresso. Der Frühling kündigt sich an, und Freiburg, Deutschlands sonnigste Grossstadt, zeigt schon jetzt ihr südländisches Flair. Das klare Wasser der «Bächle» plätschert durch die historischen Gassen, und wer versehentlich hineintritt, heisst es, wird einen Freiburger heiraten. Durch die engen Gässchen zwischen Martinstor und Schwabentor schlängeln sich kleine Kanäle, Fachwerkhäuser schmiegen sich aneinander, und über Kopfsteinpflaster reiht sich einladend ein Geschäft ans nächste. Plötzlich öffnet sich die Gasse, und vor einem erhebt sich das imposante Freiburger Münster. Sein 116 Meter hoher Turm aus rosarotem Sandstein, ein Meisterwerk der Gotik, ragt in den Himmel. Wer die Stufen hinaufsteigt, wird mit einem weiten Blick über die Stadt und den grünen Schwarzwald belohnt. Am Fuss des Münsters erstreckt sich der quirlige Münstermarkt, wo sich rund 130 Stände mit regionalen Köstlichkeiten aneinanderreihen. Der Duft von frisch gebackenem Brot, würzigem Käse und geräuchertem Schinken liegt in der Luft. Besonders lang ist die Schlange vor den Ständen mit der berühmten «Langen Roten», einer 35 Zentimeter langen Bratwurst ohne Darm. Seit 1949 eine Institution, geniesst man sie am besten im Ganzen – wer sie knickt, verrät sich sofort als Tourist. Das Brötchen ist nur eine Halterung, der Star ist die Wurst. Mit einer ordentlichen Portion Senf und gebratenen Zwiebeln wird sie an sieben Ständen rund um den Münsterplatz serviert. Die Verkäufer arbeiten mit geübten Handgriffen, ein kurzer Blick, ein kurzes Nicken – und schon ist die nächste Wurst fertig. Man beisst hinein, schmeckt die feine Würze und das leicht rauchige Aroma, während um einen herum das geschäftige Treiben des Marktes weitergeht. Wer die «Lange Rote» nicht probiert hat, war nicht in Freiburg – so sagt man, und das Gleiche gilt für Stefans Käsekuchen wenige Schritte weiter. Seit 2002 verkauft Stefan Linder hier seine legendäre Spezialität, einen luftigen, vanilleduftenden Käsekuchen. Seine Erfolgsgeschichte begann in einer Hütte im Schwarzwald; heute ist sein Kuchen über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Liegt es an der wunderbaren Balance? Die zarte Konsistenz, die feine Säure der Quarkmasse, der Hauch von Zitrone – ein einfaches, aber perfektes Stück Kuchen.

Das Schnitzel im «Jacobi» gilt als eines der besten von ganz Freiburg. © Nicolas Bollinger

Eis mit Süssholz

Für weitere süsse Delikatessen lohnt sich ein Abstecher ins «Förster Max». Das charmante Café liegt im prächtigen Wiehre-Viertel, einem Stadtteil, der mit seinen historischen Villen, breiten Alleen und alten Kastanienbäumen begeistert. Hier scheint die Zeit ein wenig langsamer zu vergehen, und genau diese Atmosphäre spiegelt sich auch im «Förster Max» wider. Wer die Tür öffnet, betritt eine Welt aus süssen Aromen: Der Duft von frisch gebackenen Croissants, feinster Schokolade und gerösteten Nüssen liegt in der Luft. Die Vitrine präsentiert eine sorgfältig komponierte Auswahl aus zarten Tartes, goldbraunen Éclairs und feinsten Pralinés, jedes Stück ein kleines Kunstwerk. Johannes Dilger, der Gründer, hat seine Leidenschaft für französische Patisserie mit handwerklicher Perfektion verbunden. Nichts wird hier dem Zufall überlassen – jede Kreation durchläuft unzählige Versuche, bis sie perfekt ist. Besonders seine Eis-Kreationen sind jeden Umweg wert: Wie wäre es mit Milcheis mit Süssholzwurzel und Zitronatzitrone, eine Kombination von Orangen, Olivenöl und Earl Grey oder ein mit Kardamom verfeinertes Coldbrew-Coffee-Eis?

Kleine Gerichte, grosse Auswahl: Schwarzwald-Tapas im «Blümchen». © Nicolas Bollinger

Gleich am Markt liegt die «Alte Wache – das Haus der badischen Weine». Die Terrasse bietet einen wunderbaren Blick auf das Münster, und ein sanftes Stimmengewirr erfüllt die Luft. Die Sonne steht noch nicht hoch, doch ihre Strahlen haben bereits Kraft, sodass die Gäste draussen sitzen bleiben. Hier, an einem der wohl schönsten Plätze Freiburgs, beginnt eine kleine Reise durch die badischen Weinberge. Die Wahl fällt schwer: Ein spritziger Gutedel mit seiner leichten Frische, ein feinfruchtiger Grauburgunder oder doch lieber ein samtiger Spätburgunder? Die Gäste lassen sich Zeit, geniessen einen ersten Schluck, spüren, wie das Leben in der Stadt immer geschäftiger wird. Jetzt wäre es an der Zeit, etwas Richtiges zu essen.

Grosse Auswahl an Restaurants

Vom rustikalen Gasthaus mit deftiger badischer Küche bis hin zu modernen, kreativen Konzepten findet hier jeder das passende Lokal. Man könnte in einer traditionellen Weinstube einkehren und ein herzhaftes «Schäufele» mit Kartoffelsalat geniessen oder sich in einem der vielen jungen Bistros von innovativen Köchen überraschen lassen. Die Auswahl an Restaurants ist gross, und die Entscheidung fällt schwer. Eine gute Wahl ist etwa das «Jacobi» mit seiner modernen, regionalen Sterneküche. Normalerweise besucht man das Lokal von Chefkoch Chris Kaiser wegen des saisonal geprägten Menüs in sieben bis neun Gängen mit sorgfältig ausgewählten lokalen Lebensmitteln. Doch am Samstagmittag, also dann, wenn man in der Regel den Münstermarkt besucht, gibt es auch eine Bistrokarte – und am letzten Samstag des Monats das wohl beste Schnitzel der Stadt: Natürlich vom Kalb, hauchdünn, perfekt souffliert, mit luftiger, aber dennoch knuspriger Panade, besser geht es auch in Wien nicht. Punkt. Bekannt für das tolle Mittagsmenü ist auch die «Wolfshöhle»: Chef Martin Fauster hat hier seine kulinarische Heimat gefunden und das Restaurant zu einer der renommiertesten Adressen der Stadt gemacht. In dem liebevoll restaurierten historischen Gebäude mitten in der Altstadt bringt er seine klassisch französisch inspirierte Küche mit grosser Hingabe auf die Teller. Fauster setzt auf kompromisslose Produktqualität und Handwerk – bester Beweis dafür ist etwa sein Gang mit einer Gillardeau-Auster unter einem luftigen Mandarinenschaum, begleitet von Südtiroler Speck und knusprigem Buchweizen, eine durchdachte Verbindung von Meer und Berg. Es folgt die asiatisch inspirierte Gelbschwanzmakrele, deren feiner Geschmack von Sesam und milden Zwiebelnoten unterstrichen wird. Der Saibling, leicht über Wacholderrauch gegart, trifft auf erdige Chioggia-Rande und Saiblingskaviar, eine Komposition, die Tiefe und Eleganz vereint. Die Jakobsmuschel bringt mit Bittersalaten und Périgordtrüffel eine aromatische Spannung mit viel Umami auf den Teller, bevor der Hauptgang, ein perfekt gegarter Zander mit schwarzen Linsen, Kartoffel-Ravioli und Schinkenfond, das Menü krönt – ein perfektes Beispiel dafür, wie man vermeintliche Hausmannskost auf Hochglanz poliert. Nach diesem Credo kocht man auch im «Blümchen», etwas ausserhalb im Stadtteil Opfingen gelegen. Dieses moderne, stylishe Neo-Wirtshaus hat sich mit seinem Konzept der «Schwarzwald- Tapas» einen Namen gemacht. Die Idee: Anstelle eines klassischen Hauptgangs wird eine Vielzahl kleiner Gerichte serviert, die sich wunderbar teilen lassen. So kann man sich nach Lust und Laune durch die Spezialitäten des Schwarzwalds probieren, ohne sich auf nur ein Gericht festlegen zu müssen. Die Tapas reichen von feinen, regional interpretierten Klassikern wie geräucherter Entenbrust mit Selleriesalat und Marillen-Mandelchutney bis zum Schwarzwald-Vitello – eine überraschende Kombination aus rosa Kalbsrücken, Forelle und Kürbis. Besonders raffiniert sind die Bergkäsespätzle, verfeinert mit Schmelzzwiebeln und einem Tomaten-Walnusspesto, sowie die Frischkäse-Steinpilzmaultasche, die mit Wirsing und Zwiebelmarmelade serviert wird. Ein weiterer Höhepunkt ist das Schnitzel vom gesottenen Tafelspitz, knusprig in Senfkruste gebacken und begleitet von Ingwermöhren und Meerrettichpesto. Zum Abschluss locken kreative Desserts wie Tannenmousse mit Marille und Mandel oder der Schwarzwälder Kirsch-Brownie als moderne Hommage an die klassische Kirschtorte.

Meisterhaft: Langoustine mit Kaviar in der «Mühle Schluchsee». © Nicolas Bollinger

Präzise Mixologen

Zurück in der Stadt – ein stilvoller Ausklang verlangt nach einem besonderen Ort. Hinter einer unscheinbaren Fassade verbirgt sich die «One Trick Pony Bar», eine der besten Cocktail-Adressen Deutschlands. Wer die Tür öffnet, betritt eine intime, fast zeitlose Welt: gedämpftes Licht auf dunklem Holz, freigelegte Backsteinwände, ein gemütliches Kellergewölbe zwischen Eleganz und Shabby Chic. Die Mixologen hinter dem langen Tresen arbeiten mit höchster Präzision, jeder Handgriff sitzt, jede Bewegung ist durchdacht. Hier arbeitet man mit hausgemachten Infusionen, Kräuterextrakten und Tinkturen, es wird nichts dem Zufall überlassen; jeder Cocktail ist ausgeklügelt bis ins Detail. Die Karte wechselt oft – je nach Laune und Kreativität. Der «Forest Collins» bringt mit Tannenaromen den Schwarzwald ins Glas, der «Porcini Negroni» überrascht mit Steinpilz, Haselnuss und Sherry, und wer sich nach einer ungewöhnlichen Erfrischung sehnt, sollte den «Basecampof Mount Bullshit» probieren – eine gewagte Kombination aus Aquavit, Bergamotte, Joghurt und Vanille, die mit Soda eine leichte Spritzigkeit erhält.

Im «Ine Trick Pony» gibt es die kreativsten 5 Cocktails von Freiburg. © Nicolas Bollinger

Avantgarde in Donaueschingen

Der Februar ist mild, die Tage werden länger, und ein erstes, helles Licht liegt über der Donauquelle: Hier im Park von Donaueschingen entspringt die Donau – oder besser gesagt, hier wird sie geboren. Über dem kunstvoll eingefassten Quelltopf thront die allegorische Steinskulptur «Mutter Baar», die der soeben erwachten jungen Donau symbolisch den Weg bis zum Schwarzen Meer weist. Seit der römische Feldherr Tiberius im Jahr 15 v. Chr. ehrfürchtig an dieser Quelle verweilte, gilt sie als sagenumwobener Ursprung des mächtigen Stroms. In der kleinen Residenzstadt an Brigach, Breg und Donau scheint Geschichte greifbar: Von diesem unscheinbaren Quellort aus beginnt eine der grossen Wasseradern Europas ihre 2800 Kilometer lange Reise – und mit ihr strömt ein Hauch von Weltgeschichte durch die Gassen Donaueschingens.

Doch die Stadt erzählt mehr als die Legende vom Donau-Ursprung. Im Zentrum trifft fürstlicher Glanz auf bürgerliche Eleganz. Unweit der sprudelnden Quelle erheben sich das imposante Schloss der Fürsten zu Fürstenberg und die barocke Stadtkirche St. Johann – Zeugnisse einer historischen Bedeutung, die Donaueschingen über Jahrhunderte prägte. Gleich daneben entfaltet sich ein völlig anderes architektonisches Gesicht: Nach einem verheerenden Stadtbrand von 1908 wurde die Innenstadt in zeitgemässem Jugendstil neu errichtet. In der Karlstrasse und Zeppelinstrasse schmücken heute schmiedeeiserne Balkone mit floralen Ornamenten die pastellfarbenen Fassaden; hohe, schmale Fenster und goldverzierte Erker verleihen den Strassenzügen eine verspielte Eleganz. Am oberen Ende der Karlstrasse strahlt das Blaue Rathaus von 1911 mit seiner himmelblauen Fassade – ein prächtiges Jugendstilgebäude, dessen verschnörkelte Verzierungen vom Optimismus einer vergangenen Epoche künden und zum heimlichen Wahrzeichen der Stadt geworden sind.

Donaueschingen ist auch wegen seiner Jugendstilarchitektur einen Besuch wert. © stock.adobe.com / R. Bitzer

Doch Donaueschingen ruht sich nicht auf seiner historischen Kulisse aus – die Stadt lebt und atmet Kultur. Alljährlich im Oktober verwandelt sich das beschauliche Städtchen für ein Wochenende in ein Mekka der musikalischen Avantgarde: Zu den Donaueschinger Musiktagen, dem traditionsreichsten Festival für Neue Musik weltweit, pilgern Komponisten, Klangkünstler und Neugierige aus aller Welt. Seit 1921 werden hier revolutionäre Kompositionen uraufgeführt und Grenzen des Gewohnten ausgelotet – schon in den frühen Jahren brachten Pioniere wie Paul Hindemith und Arnold Schönberg ihre neuesten Werke in Donaueschingen zu Gehör. An diesen herbstlichen Tagen hallen experimentelle Klänge durch historische Säle und moderne Hallen, mischen sich elektronische Töne mit Orchesterfanfaren. Die Fürstenstadt wird zum Labor der Klänge, in dem Tradition und Innovation einen spannenden Dialog führen und die Luft vor kreativer Energie knistert.

In Donaueschingen liegt die sagenumwobene Donauquelle. © stock.adobe.com: xbrchx

In sechster Generation

Doch auch kulinarisch meistert Donaueschingen diesen Spagat. Mitten im historischen Marktstädtchen Löffingen – in gut 15 Kilometern Entfernung – befindet sich der Wildkräutergasthof Linde. Küchenchef Michael Messmer, Gastgeber in sechster Generation, zaubert hier vor allem im Frühling und Sommer aus selbst gepflückten Wildkräutern überraschende Gerichte, die dennoch der reichen Wirtshaustradition verpflichtet bleiben. Etwa ein wunderschön caramelisierter Ziegenkäse auf Rote-Beete-Carpaccio, mit geriebenem Meerrettich, Rucola, Sprossen und einem Kräuterpesto. Und wie es sich gehört, steht auch Wild aus heimischer Jagd auf der Karte; das Rehragout mit Preiselbeer-Birne, Rotkraut und Spätzle ist schlicht ein Hochgenuss.

Fantastische Kreation: Wagyu-Short-Rib mit Räucheraal im «Ösch Noir». © Nicolas Bollinger

Nur eine kurze Fahrt trennt das beschauliche Löffingen von einem ganz anderen Schwarzwald-Erlebnis: Schon die Anfahrt zum Öschberghof ist wie eine kleine Reise in eine andere Welt. Über sanft geschwungene Wege nähert man sich dem Fünf-Sterne-Refugium in Donaueschingen, während die Hektik des Alltags mit jeder Kurve ein Stück weiter zurückbleibt. Kaum vorstellbar, dass dieser Ort seine Wurzeln in der Unternehmergeschichte eines der grössten Discounter Europas hat. Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht liess den Öschberghof 1976 als Rückzugsort erbauen – ein privates Golf- und Wellnessrefugium, das sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer der exklusivsten Hotelanlagen Deutschlands entwickelte. Heute ist der Öschberghof weit mehr als ein Ort für Golf-Enthusiasten: Er verkörpert eine luxuriöse Verbindung aus Entspannung, Design und Spitzengastronomie. In der Ferne taucht die elegante Silhouette des Hotels auf: Ein Ensemble mehrerer Gebäude mit traditionellen Satteldächern, das sich harmonisch in die hügelige Landschaft der Baar schmiegt. Bereits der erste Blick offenbart den reizvollen Kontrast aus zeitgenössischem Design und regionaler Verbundenheit. Klare Linien und grosszügige Glasfronten verbinden sich mit natürlichen Materialien zu einer Architektur, die luxuriöse Raffinesse und Bodenständigkeit zugleich verkörpert. Das Hotelgelände wirkt weniger wie ein einzelner Bau, sondern eher wie ein kleines Dorf aus Chalets. Hier liegt es nun, das «Ösch Noir», eines der besten Restaurants der Region, und wenn man es betritt, schnellt die Vorfreude augenblicklich in die Höhe. Vorbei an der verglasten offenen Küche, wo man der Brigade jederzeit beim Wirken zusehen kann, hinein in einen einzigartigen Gastraum von fast futuristischer Eleganz: Gedämpftes Licht zeichnet weiche Schattenmuster auf Wände und Decken, während punktuelle Spots die weiss eingedeckten Tische wie kleine Bühnen inszenieren. Jede Sitzgruppe ist durch glitzernde Vorhänge aus aneinandergereihten Glaskugeln dezent voneinander getrennt – diese funkelnden Glasperlen-Ketten hängen wie schwebende Wasserkaskaden von der Decke herab. Sie brechen das Licht in tausend Facetten und erinnern in ihrer verspielten Eleganz an Tautropfen im Morgengrauen eines Schwarzwaldtages. Die perfekte Bühne für grosse Kochkunst.

Der Öschbergerhof ist auch architektonisch sehr beeindruckend. © Öschbergerhof

Klare Kompositionen

Die Küche ist das Reich von Manuel Ulrich, einem Ausnahmetalent der deutschen Spitzengastronomie, der seine Ausbildung bereits im Öschberghof absolvierte und Erfahrung in der Schwarzwaldstube und im Haerlin in Hamburg sammelte. 2018 kehrte er zurück, um das «Ösch Noir» zu eröffnen, das bereits 2021 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde.

Ulrichs Küche verbindet französische Haute Cuisine mit modernen Akzenten und steht für perfekte Handwerkskunst, kompromisslose Produktqualität und tiefgründige Aromen. Statt auf regionale Klischees setzt er auf Spitzenprodukte aus der ganzen Welt und klare, präzise Kompositionen. Dabei geht es aber nicht um Effekthascherei, sondern um puren, unverfälschten Geschmack. Das merkt man gleich beim ersten Fischgang, Loup de Mer, sanft in Traubenkernöl confiert. Eine feine Kürbiscrème und eingelegter Butternutkürbis sorgen für eine dezente Süsse, während eine Safrancrème warme, mediterrane Noten spendet. Bouchot- und Stabmuscheln ergänzen das Gericht mit einem Hauch von Meer, während der Muschel-Safransud alles harmonisch verbindet.

Das Restaurant «Ösch Noir» besticht nicht nur durch Spitzenküche, sondern auch durch aussergewöhnliches Design. © Öschbergerhof

Ein Auftakt voller maritimer Eleganz. Weiter geht es mit Seeteufel, dessen gegrillte Tranche aus der Bretagne von einem leichten Artischockenschaum umhüllt wird, der mit einem erfrischenden Verjus aus dem Kaiserstuhl verfeinert wurde. Luxuriös-rustikal akzentuiert wird das Ganze durch ein herzhaftes Kalbskopfragout mit Périgordtrüffeln und einem Trio von der Artischocke – als Crème, glasiert und als Salat. Purer Wohlgeschmack. Noch einen drauf setzen die Fleischgänge: Eine meisterhafte Balance aus Schmelz und Intensität gelingt dem Short Rib vom Wagyu-Rind, ganze 16 Stunden langsam im eigenen Saft gegart und mit Kalbsjus glasiert. Fulminant kontrastiert durch Stücke vom Räucheraal und einen Crunch aus Kartoffeln, Broccoli und Schnittlauch; der geröstete Stengelbrokkoli mit einer Yuzu-Vinaigrette sorgt für Frische, und das Yuzu-Gel setzt eine feine Zitrusnote. Fulminant komponiert! Den Abschluss bildet das Juvenil-Ferkel, dessen gerösteter Rücken mit einem tiefen, reduzierten Jus mit Schwarzwald-Miso umhüllt wird – saftig, zart und mit knuspriger Kruste. Eingelegter Rettich, gefüllt mit zarten Rosenkohlblättern, setzt einen erfrischenden Kontrapunkt. Die Gyoza vom geschmorten Ferkel begeistert mit ihrer feinen Würze, während die Sesam-Hollandaise mit Kimchi-Sesam eine samtige, umami-geladene Krönung bietet. Ein Finale, das sanft und doch kraftvoll nachhallt. Aber das gilt wohl allgemein, wenn man das Glück hat, im «Ösch Noir» zu speisen.

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