Reinhold Messner hat es vorgemacht: Es sind auch die kleinen Gesten, die zum Schutz und zur Erhaltung unserer Umwelt beitragen. Natürlich kennt man den Südtiroler vor allem als Extrembergsteiger, der die Gipfel der Welt erobert und ein grosses Publikum mit seinen Abenteuern verzaubert. Doch Messner hat auch im Stillen Pionierleistungen erbracht; etwa indem er sich als Selbstversorger und Bergbauer mit drei Höfen neu erfand. Es sind solche nachhaltigen Projekte, die auch die Gäste im Südtirol inspirieren und zum sanften Reisen animieren. Schon bewegt man sich statt mit dem Auto per Bike oder zu Fuss fort. Und schon sucht man an den Etappenzielen nach Möglichkeiten, um sich mit lokalen und saisonalen Lebensmitteln zu versorgen. Und davon gibt’s in der nördlichsten Provinz Italiens mehr als genug.

Per Postauto über die Grenze

Das eigene Fahrzeug bleibt bei dieser Tour also definitiv in der Garage. Bei der Anreise von der Schweiz aus setzen Reisende am besten auf den öffentlichen Verkehr. Das Postauto bringt einen nämlich auf komfortable Weise von Graubünden nach Italien. Vom Engadiner Ort Zernez aus geht es dabei durch den Schweizerischen Nationalpark – es ist der älteste der Alpen. Vor den Fenstern zeigt sich ein wahres Naturparadies; via Ofenpass auf 2149 m ü. M. und Münstertal erreicht das Postauto schliesslich den Südtiroler Vinschgau. In der Kultur- und Genussregion lohnt sich ein erster Stopp in Glurns, denn das pittoreske, mittelalterliche Städtchen hat sich seinen historischen Charakter erhalten. Das sieht man schon an der Ringmauer, den drei Stadttürmen und den lauschigen Laubengängen. In den malerischen Gassen finden Reisende aber auch nachhaltige Unterkünfte und Verpflegung. Eine gute Adresse hierzu sind die Flurin Suites. Das neue Restaurant mit Bar liegt im Flurinsturm und damit in einem der ältesten Bauwerke der Stadt. Hier wirbelt ein junges Team an den Töpfen und zelebriert die Symbiose von Altem und Neuem mit regionalen Produkten und gastronomischer Leidenschaft.

Das mittelalterliche Städtchen Glurns. © IDM Südtirol Frieder Blickle

Unter der Weisskugel

Eine letzte Postauto-Etappe führt einen anschliessend von Glurns aus bis in die nahe Marktgemeinde Mals. Auch an diesem wichtigen Verkehrsknotenpunkt erinnern im Zentrum noch fünf Türme an die lange Geschichte des Ortes, die bis in die keltische Zeit zurückreicht. Rundum bietet sich mit dem Matscher-Tal, dem Schlinigtal und dem Plawenntal eine weitläufige Region mit steil ansteigenden Hängen: Das Gemeindegebiet reicht bis in die Ötztaler Alpen, und als höchster Punkte thront die 3738 Meter hohe Weisskugel über dem Talboden. Kein Wunder, bietet sich Mals auch als Basis für Wanderungen an, etwa auf dem Oberwaal-Weg oder in die Bergwelt bei Schlaneid. Kulturfreunde setzen wiederum auf die Burgen der Region oder besuchen das Kloster Marienberg bei Burgeis. Für die anschliessende Übernachtung bietet sich das Gerstl Alpine Retreat an: Das Hotel hat sich ebenfalls der Nachhaltigkeit verschrieben und versucht, alle Produkte und Dienstleistungen aus einem 30-Kilometer-Radius zu erhalten – sei es nun das Lebensmittel, das Kosmetikprodukt oder das Baumaterial. Diese Philosophie sorgt für kurze Transportwege, schont die Natur und hilft Bauern und Lieferanten in der Region. Das Vier-Sterne-Haus überzeugt ausserdem mit Panoramablick auf die Bergwelt und grosszügigem Wellness-Angebot.

Biken im Vinschgau. © IDM Südtirol Matt Cherubino

Pedalen auf dem Römerweg

Es ist Zeit, auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen: Von Mals aus fährt die Vinschgerbahn bis nach Meran. Sie wird derzeit elektrifiziert, was teils zwar Schienenersatzdienste mit sich bringt, dafür aber den ökologischen Fussabdruck weiter verringert. In den bunten Zügen fahren Passagiere durch die Südtiroler Bergwelt, vorbei an über hundertjährigen, sorgfältig restaurierten Bahnhöfen. Vorbildlich dabei: Trotz ihres Alters sind die meisten der 18 Stationen auch für Menschen mit Beeinträchtigung zugänglich. Eine sportliche Option bietet zudem die bikemobil Card, die für Bahn und Bus gilt: Sieben Bahnhöfe stellen zwischen Mals und Meran Leihfahrräder zur Verfügung, die an beliebiger Stelle wieder abgegeben werden können. Die Strecke lässt sich also ganz oder teilweise auch perfekt mit dem Velo oder Bike absolvieren. Besonders reizvoll ist dabei der Abschnitt zwischen Reschensee und Meran, wo RadfahrerInnen eine alte Römerstrasse in Angriff nehmen können: Die antike Handelsstrasse Via Claudia Augusta ist 2000 Jahre alt und präsentiert sich heute als beliebter Genussradweg. Auf grösstenteils flachem Gelände geht es durch Wälder, über Wiesen und entlang von Obstanlagen. Bei viel Sonnenschein und milden Tempertaturen ziehen Schlösser und Klöster an einem vorbei, bis schliesslich die palmengesäumten Promenaden von Meran am Horizont auftauchen.

Gartenpracht vor Schloss Trauttmansdorff. © IDM Südtirol / Alex Filz

Meran – Eine Gartenstadt

Klein, aber elegant und voller Leben: Zwischen Palmen und Bergspitzen verortet sich Meran als internationale Stadt mit künstlerischem Flair und vielen Grünflächen. Derweil in der Altstadt viele historische Gebäude wie das Kurhaus oder das Stadttheater bis heute genutzt werden, laden die Terrassengärten direkt an der Passer zur Erholung. Mit seinen rund 16 Hektaren Parkfläche ist Meran eine Gartenstadt, woran auch die vielen Oleander, Kakteen und Blumenbeete erinnern. Keinesfalls fehlen darf da ein Besuch der preisgekrönten Gärten von Schloss Trauttmansdorff sie zählen zu den schönsten Grünanlagen der Welt und dienten einst Kaiserin Elisabeth als Ferien- Residenz. Sissis Spuren können Gäste daneben auch auf den 18 Kilometern an Spazierwegen in der Stadt folgen. An die häufigen Besuche der österreichischen Monarchin erinnert heute noch eine prächtige Marmorstatue im Sissi-Park, wo auch die gleichnamige Promenade beginnt. Die Skulptur von 1903 besteht übrigens aus Laaser Marmor, der im Vinschgau heute noch gefördert wird. Die Firma Lasa Marmor beweist dabei mit gezieltem Abbau unter Tag und mit einer Zero-Waste-Politik, dass sogar diese Branche nachhaltig operieren kann.

Auf den Waalwegen

Auch in der Umgebung von Meran gibt es eine Vielzahl an Wanderwegen vom leichten Ausflug bis zur anspruchsvollen Strecke. Die Stadt präsentiert sich dabei als idealer Ausgangspunkt für Touren ins Ultental, Passeiertal oder Vinschgau. Besonders lohnenswert sind aber die sogenannten Waalwege: Sie führen entlang historischer Bewässerungskanäle, die bereits im 13. Jahrhundert die Wasserversorgung im westlichen Südtirol gewährleisteten. Heute sind die Pfade am kühlen Nass bei SpaziergängerInnen beliebt. Dazu gehört zum Beispiel der Waalweg von Algund nach Meran, der sich in weniger als zwei Stunden absolvieren lässt. Auf den fünf Kilometern begleitet einen das beruhigende Plätschern des Kanals, während immer wieder prächtige Aussichtspunkte mit Blick über das gesamte Etschtal auftauchen. Doch auch Obstwiesen, Wälder, das Schloss Plars und die lokalen Weinberge sind Hingucker auf dieser Wanderung. Lust auf eine weitere Tour am Wasser? Einen grandiosen Ausblick auf das Meraner Becken bietet der Marlinger Waalweg. Mit elf Kilometern ist er der längste seiner Art im Südtirol, und mit Felsen, Tunnel und Brücken entlang des Kanals reihen sich eindrucksvolle Etappenziele aneinander. Während am Horizont die schneebedeckten Spitzen des Ifinger und Hirzer glitzern, schlendern Wandernde so gemütlich von Töll via Forst und Tscherms nach Oberlana, wo sie der Bus schliesslich zurück nach Meran bringt.

Markt in Bozen. © IDM Südtirol / Stefano Giler

Shopping-Stopp im Kauristore

Nach einer weiteren Übernachtung ist es Zeit für den nächsten Ortswechsel im Südtirol. Von Meran aus führt die Reise nun per Zug weiter in Südtirols Hauptstadt Bozen. Das Zentrum der Region punktet mit fünf Stadtvierteln, zu denen auch die historische Altstadt mit ihren Arkaden gehört. Sieben Museen und vier Burgen und Schlösser laden zur Erkundungstour vor Ort, und mit den Talferwiesen verfügt die Gemeinde auch über eine grüne Oase als beliebten Treffpunkt. 2021 erhielt Bozen zudem als erste italienische Stadt Italiens das Label «Klimagemeinde Gold», die höchste europaweit anerkannte Auszeichnung für kommunalen Klimaschutz. Zu einer genauso nachhaltigen Bozener Einkaufstour gehört jetzt der Besuch des KauriStore an der Laubengasse 72. Von Bio-Mode über Taschen und Accessoires bis zu Kosmetika und Deko-Artikeln – im Concept-Geschäft für nachhaltigen Lifestyle sind innovative und hochwertige Produkte angesagt. Wenn danach der Magen knurrt, schlendern Reisende zum Traditionswirtshaus Vögele. Das Restaurant in der Innenstadt tischt etwa Südtiroler Braten oder hausgemachte Teigwaren auf, ist aber auch nachhaltig ausgerichtet.

Ein Hausberg, viele Optionen

Gut ausgerüstet steht einem letzten Ausflug nichts mehr im Weg: Ein lohnenswertes Ziel ist der Bozener Hausberg Ritten. Zehn Minuten vom Stadtzentrum entfernt liegt die Talstation der Seilbahn, die Passagiere in zwölf Minuten hinauf nach Oberbozen transportiert. Dort bietet sich eine einmalige Aussicht auf die Landeshauptstadt und die Dolomiten. Ausserdem gibt es die Möglichkeit, mit der Rittner Schmalspurbahn weiter nach Klobenstein zu fahren. Anfang des 20. Jahrhunderts verbrachte der Psychoanalytiker Sigmund Freud dort seine Ferien – ein nach dem berühmten Gast benannter Spazierweg führt Wandernde wieder zurück nach Oberbozen. Daneben bietet der Hausberg noch weitere Sehenswürdigkeiten, die man zu Fuss leicht erreichen kann. Dazu zählen zum einen die Rittner Erdpyramiden. Diese bizarren, eiszeitlichen Erd-Türme sind in verschiedenen Bacheinschnitten zu finden. Zum anderen zahlt sich der Aufstieg zum Rittner Horn aus. Dort lässt sich das gesamte Tirol mit einem Blick erfassen.

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