Hoch hinaus im Aostatal
Die romantische und geschichtsträchtige Gegend ist einen mehrtägigen Besuch wert. Und mit dem 2023 eröffneten Matterhorn Alpine Crossing geht es grenzüberschreitend bis auf 3883 Meter über Meer.
Die romantische und geschichtsträchtige Gegend ist einen mehrtägigen Besuch wert. Und mit dem 2023 eröffneten Matterhorn Alpine Crossing geht es grenzüberschreitend bis auf 3883 Meter über Meer.
Felice, der weisshaarige, 81-jährige Besitzer des Restaurants «Chez Felice – La Mèison de la Polenta» in Saint-Oyen, ist zweifellos eine Persönlichkeit, ein Unikum, die Seele im 1820 erbauten Haus an der Rue du Grand-Saint-Bernard. Seine Herzlichkeit ist nicht gespielt, er lebt sie. Es ist Sonntagmittag, Felice wirbelt durch die proppenvolle Gaststube, findet für jeden Gast die richtigen Worte. Was er auf den Tisch zaubert, ist traditionelle Hausmannskost aus dem Aostatal: Lard d’Arnad DOP (Speck) und Kastanien, Jambon de Bosses DOP, Kaninchen an Senf – und natürlich Polenta, einmal mit Fontina DOP d’Aosta, einem halbfesten Käse aus Kuhmilch, und einmal mit Blauschimmelkäse. Köstlich, aber deftig! Fröhliches Stimmengewirr erfüllt den Raum, Familien gönnen sich an diesem Sonntag ein währschaftes «Zmittag». Italianità beginnt im Aostatal – ein vielversprechender und motivierender Einstieg für einen spannenden Aufenthalt.
Seine Umrisse sind majestätisch und unverkennbar und ähneln dem von Walt Disney entworfenen Märchenschloss: Saint-Pierre thront auf einem Felsvorsprung der Ortschaft Tache. Der Name ist mit seinen ersten Besitzern, der Familie De Sancto Petro, verbunden. Nachdem es in die Hände der Savoyen und der Challants überging, wurde das Schloss im 17. Jahrhundert von Pietro Filiberto gekauft, der es vergrösserte und in eine prächtige Hofresidenz umwandelte. Dem Können des Architekten Camillo Boggio ist es zu verdanken, dass es seine heutige Struktur mit den vier Türmen an den Ecken des Bergfrieds hat. Er restaurierte Saint-Pierre im 19. Jahrhundert. Seit 1985 ist das Gebäude im Besitz der Gemeinde Saint-Pierre und beherbergt das Regionalmuseum für Naturwissenschaften.
2022 konnte das Museum dank umfangreicher Restaurierungsarbeiten neugestaltet werden. Heute zeigen die Räume die ganze Vielfalt des alpinen Naturerbes, eingebettet in die Kultur und die Bergwelt des Aostatals. Der Besuch des Museums wird so zu einer Reise in die Ökosysteme des Tals, zu denen man auch dank der interaktiven Stationen Zugang hat, wo man Nachrichten, Karten, Kuriositäten, Bilder über Gletscher, Klima und Geologie findet. Besonders erwähnenswert ist der «Raum des Waldes», wo die Besuchenden eine kurze Nachtwanderung im Bergwald erleben, begleitet von Vogel- und Säugetierrufen, Windrauschen, geheimnisvollen Schatten und Urlauten. Eine in Lebensgrösse nachgebildete Umgebung.
Anders als die übrigen Burgen im Aostatal, die zu kriegerischen und Verteidigungszwecken gebaut worden waren, liegt die Burg Fénis nicht auf der Höhe eines Felsens, sondern auf einer leichten Anhöhe. Ihre Funktion war einzig die eines prestigeträchtigen Wohnsitzes der Vicomtes von Aosta, der Familie Challant. Die erste Erwähnung eines Anwesens geht auf das Jahr 1242 zurück, als es Gotofredo von Challant und seinen Brüdern übergeben wurde. Zum Adelssitz gelangt man, indem man durch einen quadratischen Torturm geht, der ein Fallgitter hatte, um bei Gefahr den Vorhof abzuriegeln. Der Innenhof mit der halbrunden Freitreppe und den Holzbalkonen ist mit kostbaren Fresken geschmückt. Im Erdgeschoss können der Waffensaal, der Speisesaal, die Vorratskammer, die Küche – es riecht immer noch nach Rauch –, das Arbeitszimmer und die Zahlstelle besichtigt werden. Im ersten Obergeschoss sind die Kapelle mit dem angrenzenden Empfangssaal und die Gemächer der Grafen untergebracht.
Ein Erlebnis der neuesten, aber auch besonderen Art ist das Erklimmen des «Matterhorn Glacier Paradise» mit der im Juli 2023 in Betrieb genommenen Seilbahn Matterhorn Glacier Ride II. Sie verbindet den Gipfel des Kleinen Matterhorns mit dem Plateau Rosa. Dieses «Matterhorn Alpine Crossing» ermöglicht es allen (nicht nur Skifahrenden), sich zwischen dem italienischen Breuil-Cervinia im Aostatal und Zermatt im Kanton Wallis und umgekehrt zu bewegen. In vier Sektionen gelangen wir von Breuil-Cervinia auf den 3883 Meter hohen Gipfel des «Piccolo Cervino ». Ein kurzer Treppenaufstieg bringt uns auf die kleine Aussichtsplattform. Eine Tafel mit folgender Inschrift empfängt die Besuchenden: «Gross und weit wie Ewigkeiten Welten sich vor uns ausbreiten, majestätisch Berge, Höhn. Gott ist gross und hoch erhoben, alle Höhen ihn nur loben, der da ist von Ewigkeit.»
Die atemberaubende Sicht auf 38 Viertausender verleitet neben Begeisterung und Sprachlosigkeit zu Demut. Als Besucher hat man das Gefühl, aufs Matterhorn «hinunter» zu blicken, obschon der «Horu», wie die Walliser ihren «Hausberg» liebevoll nennen, die stattliche Höhe von 4478 Metern erreicht. Das Matterhorn einmal aus anderer, ungewohnter Perspektive. Nahe der Station «Plan Maison» auf 2545 Meter über Meer lassen wir das Bergpanorama auf der Sonnenterrasse des Restaurants «Rocce Nere» nochmals auf uns einwirken.
Geradezu ein Muss ist der Besuch des Megalith-Areals, der archäologischen Stätte in Saint-Martin-de-Corléans bei Aosta. Sie ist seit anfangs des 21. Jahrhunderts in einem Museumskomplex untergebracht. Die Anlage, die 1969 ausgegraben wurde, erstreckt sich über etwa ein Hektar und zeigt eine der interessantesten archäologischen Ausgrabungsstätten Europas aus fast fünf Jahrtausenden der Geschichte, vom Ende des Neolithikums bis in unsere Zeit. Der Besuch des Museums führt auf eine Reise zurück in prähistorische Zeiten: Entlang eines Rundgangs, der mit Bildern zur Geschichte der Menschheit versehen ist, bringen die Gehwege den Besucher vom Eingang des Museums bis zur Ebene der wahren archäologischen Ausgrabungen, etwa sechs Meter unter dem Strassenniveau. Der Rundgang bietet einen kontinuierlichen Blick auf die archäologische Stätte. Erklärungen, Einsichten und Interpretationen auf Bildungs- und Multimediageräten bereichern den Besuch dieses Museums.
Aosta, die Hauptstadt des Aostatals, kann stolz sein auf ihre Vergangenheit. Bei einem Rundgang durch die (grösstenteils verkehrsfreie) Innenstadt fällt sofort der römische Grundriss ins Auge: Die rechtwinklig zueinander verlaufenden Strassen befinden sich in einem grossen Rechteck, das von der antiken Stadtmauer begrenzt wird. Die Zeugnisse der Römer machen die Stadt zu einem der bedeutendsten Beispiele römischer Architektur Norditaliens: die Porta Praetoria, das Römische Theater, der Augustusbogen erinnern an die Pracht, die Aosta unter Kaiser Augustus (63 v. Chr.–14 n. Chr.), seinem Gründer, besass.
Die Möglichkeiten für einen Besuch in Aosta sind vielfältig. Zwei Sehenswürdigkeiten dürfen aber keinesfalls fehlen: Die Kathedrale (11. Jahrhundert), die der Heiligen Maria Himmelfahrt und Johannes dem Täufer geweiht ist. Im Laufe der Jahre wurde die Kirche vergrössert und die heutige Fassade im Neoklassizismus hinzugefügt. In der Stiftskirche des Heiligen Ursus im romanischen und gotischen Stil wurde ein altes Mosaik freigelegt, das Samson beim Töten des Löwen zeigt. Der hölzerne Chor, der Freskenzyklus im Dachgeschoss und der Kreuzgang machen die Kirche zu einem der meistbesuchten Orte der Stadt.
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