Das Rhonetal – legendenumwoben, geschichtsträchtig. Manchmal wild und ungebändigt, manchmal weit und offen. Und immer sonnenverwöhnt. Im Walliser Tal ist das Mikroklima so warm, dass hier Trauben gedeihen, die so aromatisch sind wie ihre Verwandten südlich der Alpen. Und wo Weine gekeltert werden, die zu den besten der Schweiz gehören und die sich vor solcher berühmten Konkurrenz wie Frankreich, Spanien oder das Nappa Valley in Kalifornien nicht zu verstecken brauchen. Woran das liegt? Sicherlich an dem Weltklasse-Terroir, das gebildet wird durch Millionen Jahre alte Gesteinsschichten der alpinen Faltungen und durch Gletscher, die sich hier einst ins Tal schoben und den Untergrund formten. Und durch die Muskelkraft, welche für den Weinbau in manchen Regionen des Wallis unentbehrlich ist. Während in Weinbaugebieten wie beispielsweise in Südfrankreich das Terrain flach und mit Maschinen bearbeitbar ist, muss am Nordhang des Rhonetals jede Traube förmlich erobert werden.

Die Schönheit der Trockensteinmauern

Wer auf einen Roadtrip, zu Fuss oder mit dem Zug von Ost nach West durchs Rhonetal reist, dem fallen spätestens in der Region um den Kantonshauptort Sion die teils schwindelerregenden Weinparzellen auf, die sich so steil übereinanderstapeln wie Reisterrassen in Asien – und die ebenso fotogen sind. Die vielleicht spektakulärsten Weinberge des Kantons (wenn nicht gar der gesamten Schweiz) gehören der Sittener Kellerei Maison Gilliard, die mit dem Gründungsjahr 1885 als eine der ältesten Weinkellereien des Wallis firmiert. Die Trockensteinmauern, welche die Hanglage stützen, dienen auch als Wärmespeicher, um den Trauben an der Südlage noch etwas mehr Hitze zu schenken, die sich in komplexen Aromen und reichem Zuckergehalt niederschlägt. Eine Degustation ist ein Muss. Ebenso wie eine Wanderung durch die schwindelerregenden Trockenmauern. Gewusst? Allein im Wallis schlängeln sich etwa 3300 Kilometer Trockensteinmauern entlang der Berghänge. In der gesamten Schweiz sind es mehr als 6000 – so lang wie die Chinesische Mauer. www.gilliard.ch

Die «Clos de Cochetta» – die spektakulären Weinberge des Maison Gilliard. © Maison Gilliard

Blick vom Valère

Wie sehr der Weinbau das Leben und die Mentalität der Region seit nunmehr 2000 Jahren prägt, seitdem die Römer die ersten Reben an den sonnigen Hängen angebaut haben, sieht man beispielsweise vom Hügel Valère in Sion. Auf einem der beiden ikonischen Sittener «Höcker», die weithin das Bild des unteren Walliser Tals bestimmen, befindet sich die Wallfahrtskirche Basilique de Valère. Von hier schweift der Blick weit hinein ins Rhonetal und über Reben bis zum Horizont. Dass man bei einem Besuch in der Region die Walliser Weine degustieren sollte, versteht sich dabei von selbst – beispielsweise bei der Sion Wine Tour. Auf der begleiteten Führung durch die Altstadt geniessen Besuchende nicht nur fünf Spitzenweine aus Sion und ein Walliser Teller, sondern besichtigen gleich auch noch drei historische Stätten und Sehenswürdigkeiten des Hauptorts: den Plantaplatz, den Hexenturm und die römischen Bäder. www.siontourisme.ch

Ideales Wanderrevier

Und noch etwas wird beim Blick vom Valère deutlich: Die Walliser Weinhänge sind die ideale Landschaft, um aktiv zu werden. Entweder zu Fuss oder mit dem (E-)Velo. Und wer beim «Füssevertreten» oder Radeln noch mehr über den Weinbau erfahren möchte, dem sei der Weinlehrpfad zwischen dem Städtchen Sierre und dem Dorf Salgesch empfohlen. Auf sechs Kilometern verraten 80 Tafeln viel Wissenswertes zum Weinbau, von den geschichtlichen Anfängen bis hin zu den Eigenschaften der verschiedenen Rebsorten. Passenderweise beginnt und endet der Weg an je einem Ableger des Walliser Weinmuseums. Sehr empfehlenswert! www.sierretourisme.ch

Magische Unterwelt

Immer einen Besuch Wert ist auch der unterirdische See von St-Léonard. Zwischen Sierre und Sion gelegen, versteckt sich dieser in 30 bis 70 Meter Tiefe unter den Weinbergen. Mit einer Länge von 300 Metern ist er der grösste schiffbare unterirdische See Europas. Vom Eingang aus führt eine lange Treppe hinunter, wobei die Luft immer kälter und feuchter wird. Unten angekommen, erfasst Besucherinnen und Besucher die umfassende Stille, die nur unterbrochen wird vom sanften Plätschern der Ruder im kristallklaren Wasser, dessen Spiegelung die Felswände der Höhle beleuchtet – ein magischer Ort, der bei jedem Wetter besucht werden kann. www.lac-souterrain.com

Unterirdischer See von St-Léonard. © omaire.ch

Führung durch die Domaine Chevaliers

Mittlerweile hat sich Salgesch zum Weindorf entwickelt – auch dank des Weinguts Domaines Chevaliers, das im Jahr 1936 von Oswald Mathier Kuchler als eine der ersten Weinkellereien im Walliser Dorf gegründet wurde. Eine Führung durch die Produktionsstätten sind hier ein besonders sinnliches Erlebnis, insbesondere der Barriquekeller spricht die Sinne an. Die Eichenfässer und die grossen Stahltanks stehen vier Etagen unter der Erde. Mit jedem Stockwerk wird es etwas kühler. Hier entstehen die Schätze des Weinkellers: 23 verschiedene Produkte aus drei Linien reifen in 1400- und 6000-Liter-Tanks oder in Eichenfässern, die 220 bis 300 Liter Wein fassen. Es riecht nach Holz und Hefe. Und nach reifem Wein. Welch ein herrlicher Duft! Die Führung durch die Keller lässt sich ideal mit einem Spaziergang in den Weinbergen der Umgebung verbinden; das Programm des Angebots «Wine & Walk» beinhaltet nebst einem zirka einstündigen Rundgang eine geführte Kellervisite und eine Degustation von fünf exzellenten Weinen. www.chevaliers.ch